8 Amphibien Reptilien
8.1 Einleitung Amphibien Reptilien
Von den 16 in der Schweiz heimischen Reptilienarten stehen mit 13 Arten mehr als 80 % auf der Roten Liste (BAFU 2023) und sind somit die am stärksten bedrohte Wirbeltiergruppe der Schweiz.
Aufgrund der zunehmenden Fragmentierung und Degradierung der natürlichen Lebensräume durch Verkehrswege, intensiven Siedlungs- und Ackerbau, Entwässerung, Drainierung, sinkendem Grundwasserspiegel, Gewässerregulierung und -verbauung, nimmt der Druck auf die Landschaft immer weiter zu. Der Grad der Landschaftszerschneidung in der Schweiz ist besonders alarmierend, denn kaum ein anderes europäisches Land verfügt über eine solch hohe Dichte an Siedlungen und Verkehrsflächen (BAUR et al. 2004).
8.2 Reptilienlebensräume
Gute Reptilienlebensräume weisen eine Vielzahl von unterschiedlichen Lebensraumtypen auf. Besonnung, Feuchtigkeit, Deckungsgrad der Vegetation, Exposition etc. variieren mosaikartig und bieten diverse Mikrohabitate. Neben verschiedenen Kleinstrukturen wird insbesondere auf die Wichtigkeit von lückigen Kraut- Busch- und Staudenschichten mit Deckungsgraden zwischen 10 - 25% und auf Altgrasteppichen und Säumen aus verfilztem Altgras hingewiesen.
Im und um den gesamten Projektperimeter sind praktisch alle von Reptilien bevorzugten Lebensraumtypen in vielfältigen Kombinationen sowie in hervorragendem Zustand vorhanden. In solchen, für Reptilien optimal geeigneten Lebensräumen sind oft mehrere Reptilienarten miteinander vergesellschaftet.
Holz- und Lesesteinhaufen als Sonnen-, Versteck- und Überwinterungsstellen.
Wenn ein Lebensraum alle Ansprüche in Bezug auf Nahrung, Sonnen- und Versteckplätze, Eiablagestellen sowie Winterquartiere erfüllt, sind Reptilien relativ standorttreu und auch ein relativ kleines Areal von einigen Aren kann eine kleine Population jahrelang tragen Diese Lebensräume müssen jedoch entsprechend unterhalten werden, damit sie ihre Funktionen und damit ihren Wert nicht verlieren.
Insbesondere Trockenmauern sind unbedingt zu erhalten, da sie einen sehr grossen ökologischem Wert für viele verschiedene Artengruppen aufweisen.
Eine der nicht nur für Reptilien hervorragend geeigneten Trockenmauern auf der Alp Ces.
Falls die Sanierung einer Trockensteinmauer aus Stabilitätsgründen unbedingt notwendig ist, sind folgende Punkte unbedingt zu beachten (aus Meyer 2023):
- Sanierung wenn möglich nicht während der Wintermonate (Störung von Tieren in der Winterruhe)
- Nur einen Teil der Mauer sanieren, falls nicht das gesamte Mauerwerk sanierungsbedürftig ist
- Etappierte Sanierung über mehrere Jahre: Im ersten Jahr nur einen Teil der Mauer sanieren; dabei das alte Steinmaterial direkt neben der Mauer anhäufen und belassen, Bewuchs zulassen
- In der neuen Trockenmauer bewusst Lücken als Unterschlupf einplanen
- Neben oder vor der neuen Mauer Asthaufen anlegen oder übrig gebliebene Steinen anhäufen
- Auch nach dem Bau der neuen Mauer einen Vegetationssaum von mindestens einem halben Meter vor der Mauer stehen lassen, ebenfalls auf der Mauerkrone
- Bewuchs der Trockenmauer zulassen, wenn dieser das Mauerwerk nicht negativ beeinflusst (Wurzelwerk)
Auch die aus der Trockenmauern herausgefallenen Steinplatten werden von Reptilien als Versteckplätze genutzt.
Durch geringe Anpassungen der Pflege- und Unterhaltsmassnahmen (Mahd, Gewässer-, Waldrand- und Heckenpflege) sowie Neuschaffung von Kleingewässern und -strukturen können relativ einfach und kostengünstig geeignete Lebensräume erhalten, aufgewertet und neu geschaffen werden.
Dies wurde auf der Alp Ces an vielen Stellen bereits an verschiedenen Stellen vorbildlich ausgeführt, indem zum Beispiel anfallendes Holz und Schnittgut zu Haufen aufgeschichtet wurde, die als Versteck-, Eiablage oder Überwinterungsstellen genutzt werden können.
Haufen und Beigen aus von Rodungsarbeiten anfallendem Ast- und Holzmaterial als Versteck- und/oder Überwinterungsstellen.
Haufen aus von Mahdarbeiten anfallendem Schnittmaterial als Eiablagestelle.
Weiher auf der Alp Ces, in dem Larven des Grasfrosches gefunden wurden.
8.3 Schlingnatter (Coronella austriaca)
Die Schlingnatter (Coronella austriaca) ist völlig harmlos und mit einer Maximallänge von bis ca. 70cm die kleinste einheimische Schlangenart. Sie lebt sehr versteckt und ist nur sehr selten offen und völlig ohne Deckung anzutreffen. Vor allem an warmen Tagen bleibt sie oft ganztägig in der Krautschicht oder unter Steinen verborgen und bleibt auch meistens unbeweglich liegen, selbst wenn Menschen sehr nahe an ihnen vorbeigehenden.
So wurde in einer Studie die Antreffens-Wahrscheinlichkeit der Schlingnatter in kleinen Populationen auf nur gerade einmal 9% geschätzt (Kéry 2002), wobei die Wahrscheinlichkeit der Entdeckung erheblich zwischen Lebensraumtypen, Populationsgrößenklassen und Monaten variierte. Die Wahrscheinlichkeit der Entdeckung war an Felswänden (64 %) am höchsten, gefolgt von Geröllhalden (33 %), Steinmauerhabitaten (23 %) und Waldrändern/Straßenrändern (15 %). Saisonal war die Wahrscheinlichkeit der Entdeckung im Oktober am niedrigsten (6 %) und lag in allen anderen Monaten des Aktivitätszeitraums zwischen 28 % und 51 %.
Demzufolge wären statistisch gesehen 34 Begehungen ohne direkten Sichtnachweis nötig, um mit einer Sicherheit von 95% davon ausgehen zu können, dass ein Standort nicht von dieser Art bewohnt ist. Es gehört aber auch immer etwas Glück dazu und so wurden während dieser Untersuchung einmal zwei Schlingnattern zufällig bei der Paarung angetroffen (M. Gabathuler).
Zwei Schlingnattern bei der Paarung.
Danach konnte diese Art aber trotz intensiver Nachsuche nicht mehr beobachtet werden obwohl sie auch schon früher ca. 10 Meter von diesem Fundort nachgewiesen wurde. In der Datenbank des Nationalen Daten- und Informationszentrums der Schweizer Fauna (CSCF) ist folgende Beobachtung aufgeführt:
Fundort: Chironico, auf des Alp Ces 1'450 m.ü.M. Jahr 2018
Dies zeigt, wie zufällig manche Reptilienbeobachtung zustande kommt und es meist einen relativ grossen Aufwand braucht, um eine Art in einem Gebiet nachweisen bzw. ausschliessen zu können.
Auffallend war auch, dass die Mauereidechse (Podarcis muralis) im eigentlichen Projektperimeter auf der Alp Ces nirgends gefunden wurde, obwohl diese Art im Tessin bis in Höhen von 1770 m.ü.M. angetroffen wird. Alle Beobachtungen dieser Art beschränkten sich auf den Bereich unter 1'300 m.ü.M. entlang des Wanderweges auf dem Hin- und Rückweg zur Alp Ces. Möglicherweise ist der Prädationsdruck durch die Schlingnatter und die wesentlich grössere Westliche Smaragdeidechse auf der Alp Ces zu hoch für die kleinere Mauereidechse.
8.4 Artenliste
Coronella austriaca (EN), Lacerta bilineata (VU), Natrix helvetica (EN), Podarcis muralis (LC), Rana temporaria (LC), Vipera aspis (EN)